Masters-WM: Tatjana Schilling gewinnt zum 17. Mal Gold

In Leichtathletik by Waldeckische Landeszeitung

Ein kleiner Schreckmoment

Strahlende Frauen: Tatjana Schilling zwischen den Schwedinnen Catrine Eriksson (links) und Jenny Rosén bei der Siegerehrung nach dem Siebenkampf. Foto: Alicia Schilling/pr

Göteborg – Tatjana Schilling schien selbst ein wenig baff zu sein. „Ich habe mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass ich zum Schluss wieder vorne liege“, sagte die neue und alte Siebenkampf-Weltmeisterin der Leichtathletik-Masters in der Altersklasse W50. Zweifel an der 17. Goldmedaille ihrer internationalen Karriere gab es, wenn überhaupt, allenfalls im abschließenden 800-Meter-Lauf.

Mit ihren 5703 Punkten in Göteborg verwies die 54-Jährige vom TSV Korbach die Schwedinnen Catrine Eriksson (5187) und Jenny Rosén (4606) auf die Plätze zwei und drei. Immer noch ein gewaltiger Vorsprung, obwohl Tatjana Schilling knapp ein Jahr, nachdem sie neuen Weltrekord (6165 Punkte) aufgestellt hatte, mit vergleichsweise wenig Vorbereitung in den Wettkampf gestartet war. „Ich war nicht wirklich fit“, sagte sie.

Dass sie in keiner Einzeldisziplin an ihre jeweilige Bestleistung anzuknüpfen vermochte, lag da auf der Hand. Nicht unbedingt erwarten konnte sie den immer noch großen Abstand zu den Rivalinnen. Vielleicht sei das ja „eine neue Wahrheit. Wir werden alle älter und man sieht, dass die Leistungen rückgängig sind“, sagte sie. Ihre Leistungskurve flacht aber sanfter ab als die der Konkurrenz. So konnte sie sich als Titelträgerin aus der W50 verabschieden. Mit Jahrgang 1970 startet sie nächstes Jahr in der höheren Altersklasse.

In den einzelnen Disziplinen seien ihre Einschätzungen durchweg eingetreten, sagte die Lelbacherin. Die meisten Punkte (1004) brachten ihr die 13,04 Sekunden über 80 Meter Hürden ein. Saisonbestleistung erzielte sie über 1,48 Meter im Hochsprung, drei Zentimeter mehr als Catrine Eriksson, die ja auch über 1,50 Meter springen könne.

Die Kugel stieß sie einmal weiter als zwölf Meter, doch das Gerät landete außerhalb des Sektors. Zu Buche standen schließlich 11,86 Meter („da war ich mega mit zufrieden“), auch das ihre beste Leistung in dieser Saison, ebenso wie ihre 27,90 Sekunden über 200 Meter. „Da hätte ich gedacht, ich könnte ein bisschen schneller laufen.“ Doch habe ihr der böige Wind zu schaffen gemacht.

Auch im Weitsprung zum Auftakt am Sonntag spielte der Wind seine Rolle. Dazu nieselte es leicht. „Das war für mich sowieso die Wackeldisziplin.“ Wegen ihrer Rückenprobleme habe sie die Sprünge nicht zu trainieren gewagt, kam mit 4,72 Meter aber dennoch weiter als alle Verfolgerinnen. „Die Power hat gefehlt, aber es hat gepasst“, sagte sie. Auf Eriksson machte sie mehr als einhundert Punkte gut.

Die Spannung raus gewesen sei bei ihr, nachdem sie den Speer auf 32,30 Meter geschleudert hatte, gut einen Meter weiter als die Disziplinzweite Sandra Rettschlag aus Spandau (31,18 Meter). „Da liefen mir schon die Tränen.“ Eigentlich konnte nun nichts mehr schiefgehen. Die Schwedin Eriksson fand das auch – und erklärte den 800-Meter-Lauf lächelnd zum „Walk in the Park“ für die Deutsche.

Doch zum Spaziergang wurde das Finale für Tatjana Schilling nicht. „Ich bin nicht der Typ, der bummelt“, sagte sie. Dazu erlebte sie eine Schrecksekunde. „Mein Oberschenkel ist nach 300 Metern zugegangen.“ Ein Aus hätte sie den Titel gekostet, doch wirklich gefährdet war WM-Gold nicht. Im Ziel war sie nach 2:49,79 Minuten, die fünftbeste Zeit. Die Südafrikanerin Michelle Staal lief in 2:41,39 Minuten am schnellsten.

„Wir haben viel Spaß gehabt“, erzählte die Lelbacherin. Auch bei der Siegerehrung mit den beiden Schwedinnen. Ein Extra: die Gesangseinlage. Tatjana Schilling pflegt die Nationalhymne mitzusingen. Im Stadion Bjölanda hielt ihr der Moderator das Mikrofon hin.

Noch nicht ganz festlegen wollte sich Tatjana Schilling am Sonntagabend, welche weiteren Starts sie wahrnimmt. „Ich bin leer vom Kopf her und platt.“ Den Weitsprung hat sie gestrichen. „Aber ich könnte mir vorstellen, dass ich die 400 Meter laufe.“ Ziemlich fest gebucht sind die 80 Meter Hürden mit den Vorläufen am Donnerstag und dem Finale am Freitag. Die Stadionrunde steht heute im Programm der W50.  mn

Quelle

Waldeckische Landeszeitung

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Die Waldeckische Landeszeitung ist die Heimatzeitung des TSV 1850/09 Korbach e. V. Sportredaktion: Gerhard Menkel (Leiter), Manfred Niemeier, Werner Spitzkopf, Jürgen Heide, Reinhard Schmidt und Dirk Schäfer.

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