FRAGEN & ANTWORTEN zur Initiative 15 mitgliederstarker Vereine
VON MANUEL KOPP UND DIRK SCHÄFER
Kassel – Es geht um Mängel und Verluste, um Sorgen und Nöte und darum, Druck zu machen, um all das beheben zu können. Es geht um Mangel an Bewegung, um den Verlust von Mitgliederscharen, um Sorgen über die Zukunft und um finanzielle Nöte. All das betrifft durch die Pandemie und den zweimaligen Lockdown viele Sportvereine. Aber vor allem die großen mit vierstelligen Mitgliederzahlen. Und deshalb haben sich 15 von ihnen – sie umfassen 61 000 Mitglieder – in Hessen zusammengetan, um nachhaltig der Politik klarzumachen: Helft uns, sonst sind wir bald am Ende.
„Es ist ein Appell an die Politik, ein Stück weit auch ein Hilferuf“, sagt Timo Gerhold, Vorstandsvorsitzender des rund 7400 Mitglieder zählenden KSV Baunatal.
Positionspapier großer hessischer Sportvereine
An wen ist das Positionspapier gerichtet?
Vor allem an die Politik. Die Vereine verschickten es an Bundestags- und Landtagsabgeordnete sowie Kommunalpolitiker.
Worum geht es den Großsportvereinen?
Sie wollen den Breiten- und Gesundheitssport in den Fokus der öffentlichen Diskussion rücken. Dort hätten bisher „ausschließlich Sportler gestanden, die hauptberuflich laufen, springen oder gegen einen Ball treten“, heißt es in dem Papier. Und weiter: „Die Millionen Amateur- und Freizeitsportler hingegen kommen in den Szenarien, Plänen und Talkshows eher unter ferner liefen vor.“ Amateur- und Breitensport müsse in den Öffnungsszenarien eine wichtigere Rolle spielen. „Uns ging es darum, in einem großen verbund Druck auf die Politik zu machen; vor allem, weil wir Liegenschaften unterhalten müssen und auch Arbeitgeber sind“, erklärt Thorsten Spohr, zweiter Vorsitzender des TSV Korbach.
Wo liegen die Probleme dieser Vereine?
Es sind ganz besondere und durchaus existenzielle Probleme, auf die die Großvereine hinweisen wollen. Sie sind zum Beispiel stärker vom Mitgliederrückgang betroffen als andere. Während hessische Sportvereine im vergangenen Jahr durchschnittlich 3,2 Prozent der Mitglieder verloren haben, lag die Zahl bei den 20 größten Sportvereinen bei 10,4 Prozent. „Das ergibt auch schon mal mehrere hundert oder sogar 1000 Mitglieder, die weggefallen sind. Dass im Coronajahr 2020 keine neuen hinzugekommen sind, versteht sich von selbst“, so Spohr.
Die Folge: In der Kasse fehlen diesen Vereinen Beitragseinnahmen im fünf- oder sechsstelligen Bereich. Und: „Einer der größten Unterschiede zu kleineren Vereinen ist, dass man auf der Ausgabenseite schlechter einsparen kann. Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken, ist nur bedingt ein Hilfsmittel. Die Geschäftsstelle muss schließlich auch in Lockdown-Zeiten besetzt sein. Und dann haben wir ja auch noch das Sportzentrum, das einige Fixkosten verursacht“, schildert Spohr die Lage in Korbach.
Was beklagen die Großsportvereine?
„Wir fallen durch das Raster der Fördermittel“, sagt Gerhold und fügt hinzu: „Es fehlt uns die Wahrnehmung in der Politik.“ Ein Beispiel gibt das Positionspapier: Während Programme der öffentlichen Hand für kleinere Vereine sehr gut und hilfreich seien, sind sie „für größere Vereine jedoch vergleichsweise nutzlos. Das Geld, das bei einem kleinen Verein für das ganze Jahr reicht, ist bei den großen in wenigen Wochen, vielleicht schon Tagen aufgebraucht“. Bei anderen Programmen kämen die Klubs aufgrund der Rechtsform nicht infrage.
Welche Forderungen leiten sich daraus ab?
Kernpunkt ist ein spezielles auf Großvereine ausgerichtetes „Zuschussprogramm“. „Ein solches Programm könnte es uns ermöglichen, die Fixkosten weiter stemmen zu können, Personal weiter beschäftigen und Sportanlagen unterhalten zu können“, erklärt Spohr. Die Großclubs erwarten dabei keine ungerechtfertigten Almosen: Das Programm könne sich an den Verlusten des vergangenen und auch des laufenden Jahres bei den Mitgliedsbeiträgen orientieren“, heißt es im Positionspapier.
Welche Ideen gibt es außerdem?
Die Großvereine wollen ihre Angebote ausbauen und innovativ sein – zum Beispiel den Sport aus Hallen vermehrt nach draußen verlagern durch Fitness-Flächen, Beachfelder, Kletter- oder Parkouranlagen. Als Unterstützung benötige es aber ein Investitionsprogramm der Politik.
Wie sind die Reaktionen in den nordhessischen Vereinen?
„Wir finden uns in dem Papier wieder“, sagt Gerhold. „Natürlich hat jeder auch eigene Bedürfnisse, aber die Schmerzpunkte sind gleich.“ So sieht es auch Thorsten Spohr, der auf eine schnelle Reaktion seitens der Politik hofft. Von den heimischen Abgeordneten hätten sich bislang Armin Schwarz und Claudia Ravensburg (beide CDU) beim TSV Korbach gemeldet und Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Zwei nordhessische Vereine sind mit dabei
Aus Waldeck-Frankenberg hat sich der 2800 Mitglieder starke TSV Korbach der Sache verschrieben, er vertritt mit dem KSV Baunatal die nordhessischen Farben unter den insgesamt 15 Clubs. Des Weiteren zählt zum Beispiel die Frankfurter Turn- und Sportgemeinschaft (9600 Mitglieder) dazu und ganz aus dem Süden der TuS Griesheim (3900). Aus Mittelhessen ist der TV Wetzlar (3500) dabei. Nicht mit im Boot ist der neben Eintracht Frankfurt größte hessische Verein, die TG Bornheim (31 000 Mitglieder). Entstanden ist die Idee zur Initiative in den Reihen des SKV Mörfelden (4300). schä
Positionspapier großer hessischer Sportvereine
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