Robert Müller, TSV Korbach

Im Interview: Rober Müller

In Handball by Thorsten Spohr

„Das wird eine enge Kiste“

VON THORSTEN SPOHR

Korbach – 100 Jahre wird der Korbacher Handball im kommenden Jahr alt. 1920 fand laut der Vereinschronik des TSV Korbach das erste Handballspiel Nordhessens zwischen dem damaligen TV Korbach und der TG Wehlheiden statt. 99 Jahre später könnte sich im Duell beider Vereine wieder etwas Geschichtsträchtiges ereignen: Gelingt am heutigen Samstag (18.30 Uhr) ein Sieg, wäre dem TSV die Meisterschaft in der Bezirksoberliga und der Aufstieg in die Landesliga Nord nicht mehr zu nehmen.

Die Euphorie ist groß. Mit drei Fanbussen reisen die Korbacher heute an, zusätzlich werden einige Fans auch mit dem eigenen Auto kommen. Mit gut 200 Zuschauern dürften die Kreisstädter das Duell in Kassel zu einem Heimspiel machen. Auch bei Robert Müller ist die Euphorie groß. Auf dem Feld stehen wird der am Kreuzband verletzte Spielmacher nicht mehr – als stellvertretender Abteilungsleiter kümmert er sich federführend um den Seniorenbereich.

Wie schwer ist es, bei so einem Spiel nur zuschauen zu dürfen?

Unwahrscheinlich schwer. Das ist fast noch anstrengender für mich, als selber zu spielen. Es gab schon einige Spiele, wo ich geschwitzt aus der Halle bin, weil man das Gefühl hat, helfen zu müssen, man es aber nicht kann.

Binnen weniger Tage hatten Sie und Dave Alscher sich vor der Saison einen Kreuzbandriss zugezogen. Hätten Sie damit gerechnet, dass sich der TSV dennoch so gut schlägt?

Nein. Dass die Mannschaft trotzdem gut ist, stand für mich außer Frage. Aber dass sie eine so überragende Serie spielt, war auch für mich eine Überraschung. Die Jungs haben sich in der Hinrunde in einen Rausch gespielt. Das war grandios.

Wie beurteilen Sie die Leistungen ihres Vertreters auf der Spielmacherposition? Till Westmeier ging ja eigentlich als Außenspieler in die Saison…

Till wächst super in die Aufgabe herein. Insbesondere in den vergangenen Wochen hat er gezeigt, dass er diese Rolle gut ausfüllen kann und mehr Verantwortung übernommen. Er macht das gut.

Die Korbacher überzeugen als Mannschaft – wird das auch in Wehlheiden entscheidend sein?

Das glaube ich schon. Wenn wir uns die Einzelspieler beider Teams anschauen, ist Wehlheiden sicher stärker besetzt als wir. Wir kommen aber als Team und die mannschaftliche Geschlossenheit ist unsere Stärke. Das sieht man vor allem immer wieder in der Abwehr, wo jeder jedem hilft.

Hilft auch die Unterstützung der Fans? Die Euphorie in Korbach ist groß…

Wir fahren mit drei Bussen nach Kassel, rechnen mit bis zu 200 Fans. Das wird die Jungs auch mit Sicherheit auch nach vorne pushen, die Fans im Rücken können ein Vorteil sein. Man muss aber aufpassen, dass man nicht überdreht.

Im Hinspiel zeigte der TSV seine beste Saisonleistung und Wehlheiden seine schlechteste. Wie groß ist die Gefahr, dass das den Gegner noch mehr motivieren wird?

Ich würde das nicht als Gefahr bezeichnen. Wir alle sind darauf eingestellt und rechnen fest damit. Wehlheiden wird das Spiel ernst nehmen und sich nicht noch einmal überrumpeln lassen.

Wie sehr schmerzen die Punktverluste nach der Weihnachtspause gegen die SVH Kassel und in Lohfelden? Ohne die wäre der TSV schon Meister.

Das ist so. Sicher tut das in der aktuellen Situation weh. Aber hätte uns das einer vor der Saison gesagt, dann hätten wir das unterschrieben. Wir können völlig befreit aufspielen. Wehlheiden muss mit dem Kader aufsteigen, wir nicht.

Waren die Rückschläge vielleicht auch heilsam? Anschließend ging die Formkurve des TSV ja wieder steil nach oben…

Die Winterpause kam für uns zum verkehrten Zeitpunkt. Wir sind dann schlecht aus der Pause herausgekommen. Nach dem Lohfelden-Spiel hat sich das Team zusammengesetzt und gesagt: So geht das nicht, wir zerstören unsere unbeschreibliche Hinrunde. Dann wurde das Training angezogen und es ging wieder bergauf.

Schauen wir nach vorne: Der Aufstieg in die Landesliga ist sicher ein Ziel – aber ist der Sprung für den TSV auch zu schaffen? Der Unterschied zur Bezirksoberliga ist groß…

Leistungstechnisch ist das ein enormer Unterschied. Wir planen in beide Richtungen. Werden wir Zweiter, steht ja noch die Relegation an. Die Mannschaft kann in der Landesliga mithalten, auch wenn der Klassenerhalt eine schwere Aufgabe werden würde.

Neuzugänge von außen sind in Korbach im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen eher die Ausnahme. Bleibt das auch in der kommenden Saison so?

Es laufen Gespräche, es gab auch schon Gäste im Training, aber es ist noch nichts spruchreif. Ich glaube, dass die Landesliga schon reizvoll ist, aber der Standort Korbach ist schwierig. Hier fallen die Talente auch nicht vom Baum, Spieler von auswärts müssen einen hohen Aufwand auf sich nehmen.

Wo müsste die Mannschaft verstärkt werden?

Auf der Torhüterposition, auch im Rückraum, vor allem eine erfahrene Alternative zu Till auf der Spielmacherposition. Ein Linkshänder würde uns auch wieder gut zu Gesicht stehen. Das sind die drei Baustellen.

Ihr Tipp für das Spitzenspiel? Gibt es für Korbach am Samstagabend etwas zu feiern?

Das wird eine enge Kiste. Ich denke trotzdem, dass wir das Spiel gewinnen werden.

Quelle

Thorsten Spohr

*1978, Volo 2001 bis 2003 bei der HNA, seit 2010 Lokalsportredaktion Waldeck-Frankenberg. Besonders dem Handballsport verbunden. Stellvertretender Vorsitzender des TSV Korbach

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