Schnell laufen, weit springen und den Ball weit werfen lernt man nicht an der „Playstation“
Von Manfred Niemeier
Die Wochen vor den Sommerferien sind auch die Zeit der Bundesjugendspiele. Dabei fällt es den Mädchen und Jungen schon in den Grundschulen immer schwerer, die nötigen Punkte beim Schlagballweitwurf, Weitsprung und Sprint zu erkämpfen. Eine Entwicklung, die nicht erst gestern begonnen hat, denn seit 1991 gibt es bereits ein Papier, das die reine Teilnahme bestätigt.
Das gab es zu meiner Zeit nicht. Wer keine Siegerurkunde schaffte, der ging eben leer aus. Verlieren erlaubt. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass ein nicht so sportlicher Mitschüler dadurch einen Knacks bekommen hätte. Bei mir hat deshalb auch die vor einigen Jahren von einer Helikoptermutter gestartete Petition zur Abschaffung der Bundesjugendspiele nur Kopfschütteln hervorgerufen. Der Zwang zur Teilnahme und der starke Wettkampfcharakter würde bei den Schwächeren das Gefühl der Demütigung auslösen. Warum schaffen wir dann nicht auch gleich die Schule oder zumindest die Noten ab?
Zurück zur Gegenwart. Nehmen wir nur die Disziplin Ballweitwurf. Viele Grundschüler übertreffen kaum noch die 20-Meter-Marke, oft bleibt die kleine Lederkugel schon unterhalb von 15 Metern liegen. Vor zehn Jahren waren 20 bis 25 Meter an der Tagesordnung. Entsprechend seltener können bei der Siegerehrung die Ehrenurkunden ausgeteilt werden, oft nur einmal, vielleicht zweimal pro Klasse.
Diese Erfahrungen sind sicherlich nicht repräsentativ. Vielleicht ist es auch nur Zufall, dass in diesem Jahr der Zweitklässler Mohamad, ein neunjähriger Flüchtling aus Syrien, den Schlagball 39 Meter weit geschleudert hat und am Ende Schulsieger geworden ist.
Aber eins weiß ich ganz genau: Schnell laufen, weit springen und den Ball weit werfen lernt man nicht an der „Playstation“.
manfred.niemeier@wlz-online.de
Beitrag teilen